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Loblied auf den Trollinger – ein Interview mit Württembergs Weinkönigin

Geno Graph Interview über den Trollinger
© uschi dreiucker / pixelio.de

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Mit rund 20 Prozent hat der Trollinger immer noch einen beachtlichen Anteil an der Rebfläche Württembergs. Das hat seinen guten Grund. Die Steillagen an Neckar, Enz und Zaber bieten für den Klassiker unter den hiesigen Rebsorten besonders gute Bedingungen. Die Geno-Graph-Redaktion sprach mit Tamara Elbl, Württemberger Weinkönigin, und Marian Kopp, geschäftsführender Vorstand der Lauffener Weingärtner eG, bei einem Glas kühlen Trollinger.  

Frau Elbl, neben Ihrem Amt als Weinkönigin gelten Sie auch als Trollinger-Botschafterin. Wie kommen Sie zu dieser Ehre?  

Weinkönigin Tamara Elbl aus Württemberg
Württembergs Weinkönigin Tamara Elbl: „Als Trollinger-Botschafterin sage ich: Der Trollinger hat Potenzial, besonders der Steillagen-Trollinger.“ 

Tamara Elbl: Weil ich mich dafür einsetze, dass der Trollinger nicht verkannt wird. Wenn ich mir Gedanken über das Weinland Württemberg mache, fallen mir gleich eine ganze Reihe an Schlagworten zur Weinkultur ein. Dichter und Denker ließen sich von unserer schönen Kulturlandschaft inspirieren, egal ob Schiller oder Goethe. Der Trollinger gilt als der einfache Rotwein und als Nationalgetränk der Württemberger. In anderen Regionen wird er aufgrund seiner hellroten Farbe und manchmal fehlenden Aussagekraft belächelt. Da setze ich dagegen. Alle, die so über den Trollinger denken, haben noch nicht hinter die Fassade dieses doch so besonderen Weines geblickt. Der Trollinger ist ein Paradebeispiel für Understatement und hat das ein oder andere Ass noch im Ärmel, besonders dann, wenn die Trollinger-Trauben in besten Steillagen entlang des Neckars gewachsen sind.  

Herr Kopp, neben dem Schwarzriesling, der durch die Lage Katzenbeißer über die Region hinaus eine besondere Strahlkraft hat, spielt der Trollinger bei den Lauffener Weingärtnern immer noch – oder wieder – eine nicht zu unterschätzende Rolle.  

Marian Kopp, geschäftsführender Vorstand der  Lauffener Weingärtner eG
Marian Kopp, geschäftsführender Vorstand der Lauffener Weingärtner eG: „Mit 22 einzelnen und unterschiedlich ausgebauten Weinen in unserem Sortiment ist der Klassiker generell von Bedeutung.“ 

Marian Kopp: Beides stimmt: Immer noch und gerade in den jüngsten Jahrgängen wieder. Der Trollinger spielt nach wie vor eine wichtige Rolle für die Lauffener Weingärtner. Mit 22 einzelnen und unterschiedlich ausgebauten Weinen in unserem Sortiment ist der Klassiker generell von Bedeutung. Mit den Jahrgängen 2017 bis 2020 haben wir Spitzen-Qualitäten erzielen können, bis hin zum absoluten Spitzenwein – dem Mundelsheimer Unicus Trollinger Auslese trocken. 

Was macht den Trollinger für Sie so einzigartig? 

Elbl: Für manche ist er der Streitbare, für andere der Identitätsstifter, der Unkomplizierte, der Gesellige oder die Diva aus den besten Lagen. Egal, welche dieser Beschreibungen am besten auf ihn zutrifft, eines ist klar: Er gehört einfach zu uns. Er ist ein Spiegel unserer Mentalität: aufgeschlossen, fröhlich, wandlungsfähig und oft auch unterschätzt. Der Trollinger ist wie die Menschen in Württemberg und bringt all das mit, um ihn ins Herz zu schließen. Vielleicht manchmal erst auf den zweiten Blick, aber spätestens dann ist es die große Liebe. Bei all der harten Arbeit, die mit viel Liebe und Begeisterung erledigt wird, darf die Geselligkeit nicht zu kurz kommen. Und genau hier kommt unser Trollinger wieder ins Spiel, als unkomplizierter Wein, der jedem ein Lächeln auf die Lippen zaubert. 

Im Weinregal findet man zunehmend auch Steillagen-Trollinger. Was macht den Unterschied?  

Kopp: Mit dem Lauffener Steillagen-Trollinger „Aus Terrassenlagen“ haben wir Lauffener eine besondere Linie geschaffen, die den Respekt vor der mühevollen und traditionsreichen Arbeit in den Terrassen ausdrückt. Tatsächlich zollen wir damit auch der besonders harten Arbeit Respekt − mit einem Glas kühlen Trollinger. 

Elbl: Die Steillagen gelten und galten schon früher zu den besten Lagen Württembergs. Sie sind ein besonderes Merkmal und bieten unserem Trollinger die optimalen Voraussetzungen, um in der Qualitätspyramide ganz nach oben zu klettern. Mikroklima ist hier das Zauberwort. Sonne satt für optimale Reife und Aromatik. All das und die wertvolle Handarbeit des Winzers stecken im Steillagen-Trollinger. Das kann man mit jedem Schluck schmecken. Ein Wein, der für die harte Arbeit belohnt und mit Geschmack, Aromatik und Volumen am Gaumen überzeugt und denjenigen, die ihn erzeugt haben Respekt zollt. Das haben sich die Wengerter auch verdient, denn das Arbeiten im Steilhang ist kein Zuckerschlecken, sondern im wahrsten Sinne des Wortes schweißtreibend, teils bei Temperaturen über 40 Grad Celsius im Hochsommer.

Weinkönigin Tamara Elbl

Die amtierende Weinkönigin des Anbaugebiets Württemberg, Tamara Elbl, stammt aus Pfedelbach-Untersteinbach im Hohenlohekreis. Die gelernte Winzerin studiert an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn Wein-Technologie-Management. Gelegentlich sieht man die 23-Jährige hinterm Verkaufstresen oder als Weinprobe-Leiterin bei der Weinkellerei Hohenlohe eG, Bretzfeld-Adolzfurt, oder als Besuchsführerin im Weinbaumuseum Pfedelbach. Zur Weinkönigin gekürt wurde Elbl am 3. Dezember 2019 in Künzelsau und ist  − der Weinbauverband Württemberg verlängerte coronabedingt am 20. Juli 2020 ihre Amtszeit bis 2021 − bereits seit 22 Monaten im Repräsentationsamt.

Die Rotweinsorte Trollinger

Der spätreifende Trollinger wird in Deutschland fast ausschließlich in Württemberg angebaut. In Südtirol ist er als Vernatsch bekannt. Er braucht tiefgründige, nährstoffreiche Böden,allerbeste Hanglagen und viel Niederschlag in der Zeit zwischen Blüte und Reife. In den letzten Jahrhunderten entwickelten sich die bekömmlichen Weine zum „Nationalgetränk“ der Württemberger. Im Glas präsentiert sich der Trollinger in ziegelroter Farbe. Die leichten, saftigen Weine mit gutem Körper benötigen keine mehrjährige Lagerung, sondern sind schon früh nach der Ernte trinkreif. Ihr dezenter Duft verrät rote Johannisbeeren, gepaart mit einem zarten Bittermandelton im Finale.

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