Der Kabinettsauschuss Ländlicher Raum der baden-württembergischen Landesregierung hat die Aufgabe, die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums zu fördern und zu gestalten. Im Fokus stehen die Sicherstellung der gesellschaftlichen Teilhabe, die Mobilität aller Bevölkerungsgruppen sowie die umweltverträgliche Gestaltung der Mobilitätssysteme. Die interministerielle Arbeitsgruppe „Mobilität im Ländlichen Raum“ erörtert vor diesem Hintergrund Mobilitätsprojekte im ländlichen Raum. Im Rahmen der Verbändeanhörung „Mobilität im Ländlichen Raum“ am 28. Februar 2018 wird auch auf die Erfahrungen von Verbänden zurückgegriffen. Der BWGV konnte sich in den Prozess einbringen. Der Verband weist darauf hin, dass vor allem Energiegenossenschaften die Entwicklung von Mobilitätsprojekten aufgreifen und durch ihre Projekte und die Mitgliederbindung Akzeptanz für die Energiewende vor Ort aufbauen.
Es bietet sich oft an, für die Idee des E-Carsharing zu werben. Beim E-Carsharing stellt die Genossenschaft die Elektrofahrzeuge und trägt die laufenden Kosten für Versicherung und Wartung. Darüber hinaus gibt es E-Mobilitätsprojekte wie beispielsweise Pedelec- und Scooter-Ladestationen oder auch Pedelec-Verleihangebote, um die Elektromobilität voranzubringen. Meist empfiehlt es sich für Energiegenossenschaften, E-Mobilitätsvorhaben zusammen mit Partnern zu realisieren und nach Möglichkeiten der Förderung zu suchen. Stadtwerke und andere lokal aktive Energieversorger haben oft nicht nur das elektrotechnische Wissen, sondern auch günstig gelegene Betriebsdächer und Zugang zu einem Kundenstamm. In großen Städten ist das Carsharing oftmals schon verbreitet, dort beherrschen meistens etablierte Anbieter den Markt. Hier können Kooperationen mit Carsharing-Anbietern dann erfolgversprechend sein, wenn diese E-Fahrzeuge in ihre Bestände aufnehmen und zum Beispiel öffentlichkeitswirksam ihre Stellflächen mit Fotovoltaikdächern ausstatten.
Modell 1: Elektromobilität
Im Rahmen eines genossenschaftlichen Unternehmens ist die Nutzung von Elektrofahrzeugen und die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur realisierbar. Genossenschaftsmitglieder sind dabei gleichzeitig Finanzierer in der Aufbauphase sowie Nutzer der Fahrzeuge und der Ladeinfrastruktur. Durch die Genossenschaft wird das emotionale Thema Elektromobilität von den Bürgern und Mitgliedern viel stärker und besser angenommen.
Modell 2: Bürgerbusse
Aufbauend auf der Beteiligung interessierter Bürgern ist der genossenschaftliche Betrieb einer Busverbindung eine tragfähige Ergänzung im Personennahverkehr. Als Mitglieder der Genossenschaft sind BürgerInnen Kunden der Bürgerbusse und wirken an der bedarfsgerechten Planung mit.
Modell 3: Sharing-Modelle – Bike-Sharing, Ride-Sharing, Car-Sharing
Die organsierte gemeinschaftliche Nutzung mehrerer Automobile oder Fahrräder wird als genossenschaftliches Unternehmen angeboten. Der gemeinsame Betrieb und die geteilte Nutzung der Fahrzeuge ist sowohl in ländlichen als auch in städtischen Regionen im Rahmen einer Genossenschaft ein tragfähiges Modell.
Flexible Mobilität ist gefragt
Die Aussichten für Energiegenossenschaften, mit E-Mobilitätsprojekten erfolgreich zu sein, sind gut. Gerade in touristischen Regionen oder in ländlichen Gebieten, in denen kommerzielle Anbieter hinsichtlich eigener Initiativen oftmals eher zurückhaltend sind, ist der Bedarf nach flexibler Automobilität jenseits des eigenen Autos oftmals groß. Dies wird auch politisch zunehmend anerkannt. Der demografische Wandel verstärkt diesen Bedarf noch. Energiegenossenschaften stehen dort meist in keinem Wettbewerb mit kommerziellen Anbietern mit langjährigem Know-how. Genossenschaften kennen sich vor Ort aus, sind gut vernetzt und von der Bevölkerung anerkannt. Als willkommene Partner können so Kooperationsvorhaben entstehen.
Energiewende und Verkehrswende gehören zusammen
Energiegenossenschaften produzieren mit ihren bisherigen Projekten Strom aus erneuerbaren Energien, der sich in Zeiten geringen Bedarfs sinnvoll in E-Fahrzeugen speichern lässt. Auch hinsichtlich der Diskussion, was nach der 20-jährigen EEG-Vergütung passiert, kann die Einspeisung in Ladesäulen eine Zukunftsoption sein. Somit kann die Elektromobilität an bereits bestehende Geschäftsmodelle angedockt werden. Die bürgergetragene Energiegenossenschaft erreicht eine Mitgliedschaft, die dem Wert „Klimaschutz“ stark verbunden und offen für innovative umweltschonende Mobilitätsangebote ist. Genossenschaften können Mitglieder gewinnen und diese durch die Elektromobilität im Car-Sharing durch günstigere Tarife für Genossenschaftsmitglieder an sich binden. Die Potenziale der Verknüpfung von erneuerbaren Energien und E-Mobilität lassen sich jedoch nur dann heben, wenn die Bedingungen stimmen. Der Mehrwert besteht darin, dass dezentral erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien vor Ort für Mobilitätszwecke genutzt wird. Entscheidend ist, dass der Eigenverbrauch künftig nicht weiter belastet wird. Will man die Synergien der kombinierten Strom- und Verkehrswende realisieren, braucht es ein freundliches Umfeld. Dafür gibt es gute Gründe, denn ohne Verkehrswende keine Energiewende.
Beispiele baden-württembergischer Genossenschaften
- Car-Sharing-Angebot: Die Weiler Wärme betreibt in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine Genossenschaft, die ein Car-Sharing-Angebot aufweist, das intensiv von den bisherigen Mitgliedern, den Bewohnern des Ortes und von Touristen genutzt wird.
- Energien-Erzeugungsanlagen: Unternehmen/Institutionen bieten Mitarbeitern und/oder Kunden sowohl E-Autos als auch Pedelecs an. Das ist dort gut möglich, wo sich auf Betriebshöfen und eigenen Parkflächen Ladestationen einrichten lassen und wo zudem der Eigenverbrauch aus eigenen Fotovoltaik-Anlagen erhöht werden kann. Hier bieten sich Kooperationen mit lokal aktiven und bekannten Energiegenossenschaften an, die beiden Partnern nutzen und die Risiken sowie die Investitionen im Rahmen halten (Beispiele: Weiler Wärme, Volksbank Main-Tauber, Heidelberger Volksbank).
- E-Mobilitätsangebote in touristisch geprägten Regionen: Angebote wie zum Beispiel im Allgäu (econnect eE-Tour Allgäu) und im Schwarzwald (E-Carsharing im Hochschwarzwald) stoßen auf großes Interesse bei den Besuchern.