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Energie-Praxis trifft Politik: Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende

Energiegenossenschaften und EEG
Bürgerwerke eG, Heidelberg

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Energiegenossenschaften spielen eine wichtige Rolle beim Ausbau einer sicheren und erneuerbaren Energieversorgung vor Ort“, sagte Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, am 23. Februar auf dem virtuellen Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende. „Sie fördern das gemeinschaftliche Engagement für die Energiewende und ermöglichen auch die direkte Teilhabe daran. Mit der Novelle 2021 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) haben wir die Rahmenbedingungen für Projekte von Energiegenossenschaften nochmals verbessert“, so Bareiß weiter.

Kritik an neuen Regelungen zu Photovoltaik-Dachanlagen

Kritisch werden von den Genossenschaften allerdings die neuen Regelungen zu Photovoltaik-Dachanlagen gesehen: „Die faktische Herabsetzung der Ausschreibungsgrenze für Photovoltaik wird dazu führen, dass Energiegenossenschaften und andere Bürgerenergieprojekte aus der Mitte der Energiewende verdrängt werden. Das ist nicht gut für die Akzeptanz“, sagte Dr. Eckhard Ott, Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV).

Zum Hintergrund: Zwar gilt nach wie vor die Ausschreibungsgrenze von 750 kWp. Doch bei Photovoltaik-Anlagen mit einer Größe ab 300 kWp wird nur noch die Hälfte des produzierten Stroms nach dem EEG vergütet. Die andere Hälfte muss selbst genutzt oder verkauft werden, was angesichts des niedrigen Börsenstrompreises keine Option ist. Als Alternative bleibt nur die Teilnahme an einer Ausschreibung. Große Anbieter haben dabei wiederum einen systematischen Vorteil gegenüber Energiegenossenschaften und andere kleinere Akteure. Mehr als 80 Prozent der Energiegenossenschaften sind heute in der Photovoltaik aktiv.

„Es wäre mehr Rückenwind möglich gewesen, da die EU-Kommission die Mitgliedstaaten explizit verpflichtet hat, Energiegenossenschaften und andere Gemeinschaften zu fördern. Diese europäischen Vorgaben sind leider noch nicht im EEG zu finden“, so Ott weiter. Laut der Erneuerbaren-EU-Richtlinie sollen so genannte Energy Communities, die gemeinschaftlich Energie produzieren und selbst vor Ort nutzen, gestärkt werden (sogenanntes Energy Sharing).

„Klimaziele bei Gebäuden nur mit ausreichend Finanzmittel“

Mit Blick auf das Bundestagswahljahr 2021 wies Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, auf die großen energie-, digital- und sozialpolitischen Herausforderungen hin, die es gemeinsam zu meistern gilt: „In den kommenden vier Jahren müssen wir vor allem gemeinsam daran arbeiten, die Klimaziele bei Gebäuden für alle Beteiligten bezahlbar zu erreichen. Gleichzeitig gilt es, die Vorteile der digitalen Transformation beim Wohnen zu nutzen und die lokale Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen zu vervielfachen. In diesem Zusammenhang freuen wir uns besonders, dass aktuell an der Beseitigung der steuerlichen Hemmnisse für Wohnungsunternehmen gearbeitet wird. Das ist ein wichtiger Bestandteil einer gerechten Energiewende.“

Damit Mieterinnen und Mieter, darunter viele mit geringen Einkommen, nicht überfordert werden, ist außerdem eine stärkere Beteiligung der Allgemeinheit an der Finanzierung der Klimaziele notwendig, um drohende soziale Verwerfungen zu verhindern. Deshalb muss der Staat die mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) beihilfefrei ausgestaltete Förderung langfristig verlässlich mit den notwendigen Mitteln ausstatten. „Wenn alle tun was die Klimaziele erfordern, beträgt der Förderbedarf 25 Milliarden Euro jährlich“, sagte Ingeborg Esser.

EWS eG stellte Ladeinfrastruktur-Genossenschaft vor

Die Liveübertragung aus dem Haus der DZ Bank in Berlin verfolgten rund 600 Teilnehmende. Mit den energiepolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen und Experten aus der Praxis wurde insbesondere über die zukünftige Rolle von Energiegenossenschaften und Wohnungsgenossenschaften in der Energiewende diskutiert. Katharina Kolb von der R+V Versicherung leitete durch die Innovationsschau. Vier tolle Projekte nahmen teil. Mit dabei waren Roland Philipps vom BWGV-Mitglied Elektrizitätswerke Schönau eG, der mit „Ladegrün!“ eine Genossenschaft für eine bundesweite Ladeinfrastruktur vorstellte,  Tobias Lochen von der Firma „sigo“, die ein Lastenrad-Sharing anbietet, und Sven Winkler vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften, der einen E-Shuttle im genossenschaftlichen Quartier präsentierte.

Praxistreff Energiewende

Die von der Bundespolitik geäußerten Vorstellungen wurde im anschließenden Praxistreff Energiewende mit der energiegenossenschaftlichen Praxis diskutiert. Moderiert von Peter Ugolini-Schmidt von der EWS eG besprachen Anna Leidreiter, BürgerEnergie Nord eG, Anett Ludwig, Verbraucherzentrale Bundesverband, Christoph Rinke, Bürger-Energie Berlin eG, und Sebastian Sladek, ebenfalls von der EWS eG aus Baden-Württemberg, die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit Blick auf die bestehenden und neuen Geschäftsmodelle.

Viele Energiegenossenschaften in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg ist das Flächenland mit der größten Dichte an Energiegenossenschaften. Rund 150 sind es. Zwar liegt der Schwerpunkt der Energiegenossenschaften weiterhin in der Erzeugung von Solarstrom, jedoch gibt es immer mehr Energiegenossenschaften, die weitere Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien oder der Energieeffizienz umsetzen. So wird ein erheblicher Teil der baden-württembergischen Nahwärmenetze in der Rechtsform eingetragene Genossenschaft betrieben und es kommen immer mehr Nahwärmegenossenschaften hinzu.

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