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Datengenossenschaften – Eine Chance für den Mittelstand

Datengenossenschaften beleuchtet durch das FSTI
FSTI

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Die deutsche Wirtschaft, geprägt durch ihren starken Mittelstand, steht vor einer Herausforderung: Wie kann sie von neuen Wertschöpfungspotenzialen durch digitale Abbilder profitieren, ohne dabei in die Abhängigkeit großer, internationaler Plattformen zu geraten? Digitale Abbilder bilden die Realität in der Virtualität ab und schaffen damit die Grundlage für die fortschreitende Digitalisierung. Die Daten digitaler Abbilder unterscheiden sich von klassischen Stamm- oder Planungsdaten insofern, als dass sie vor allem den Zustand des realen Objekts, auch Asset genannt, sowie Abhängigkeiten verschiedener Messwerte in Form digitaler Modelle abbilden. Der Zustand des digitalen Abbilds lässt sich mithilfe von Funktionen und Services beeinflussen, die Änderung des digitalen Zustands wiederrum auf das reale Objekt übertragen. Das Wertschöpfungspotenzial digitaler Abbilder besteht insbesondere darin, dass über digitale Abbilder die Steuerung komplizierter Prozesse und anderer Abläufe möglich wird.

Wie sieht die Unternehmenspraxis in Deutschland aus? Derzeit dominieren proprietäre Einzellösungen zur Optimierung unternehmensinterner Produkte und Prozesse die Unternehmenslandschaft. Deutsche Unternehmen verstehen es dabei gut, unter Anwendung ihres großen, fachspezifischen Know-hows eigene Produkte und Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Dabei wird vor allem den eigenen Daten, als Grundlage für Optimierungen und KI-Anwendungen (Künstliche Intelligenz), großer Wert beigemessen. Die übergreifende Vernetzung digitaler Abbilder und kontextsensitiven Steuerung kommt dabei vielfach zu kurz.

Wie eine Alternative zu den bestehenden Plattform-Ansätzen aussehen kann, hat das Ferdinand-Steinbeis-Institut im Rahmen der so genannten „Micro Testbeds“1 erfolgreich evaluiert. Hierbei werden in kooperativen Ökosystemen größere und kleinere Unternehmen zusammengebracht, um die internetbasierte Vernetzung auf Basis offener Standards dazu zu nutzen, branchenübergreifend und partnerschaftlich neue Wertschöpfungsszenarien zu identifizieren und umzusetzen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass durch die Kombination der Fähigkeiten verschiedener Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und den Austausch von Daten virtueller Abbilder ein zusätzlicher Nutzen für die beteiligten Unternehmen entstehen kann, der bislang noch nicht zugänglich war. Auf Basis der kooperativen Nutzung von virtuellen Abbildern konnten stets mehrere Nutzenszenarien und daraus potenzielle Geschäftsmodelle für das Ökosystem generiert werden. Hierfür muss ein Vertrauensraum zwischen den Partnern geschaffen werden, indem die Daten für alle Partner zugänglich sind.

Basierend auf den Micro Testbeds werden in anknüpfenden Forschungsaktivitäten neue Formen der Partizipation unter Wahrung der Dateneigentümerschaft und -souveränität in den Fokus genommen. Die gemeinsame Nutzung digitaler Abbilder wird im Rahmen dreier experimenteller Datengenossenschaften näher erforscht. Ziel der Datengenossenschaften ist es daher, durch die gemeinsame Nutzung digitaler Abbilder neue, nutzenstiftende Szenarien für alle beteiligten Unternehmen zu realisieren sowie Verbundvorteile und Skalenerträge zu realisieren.

Das Rechtskleid der Genossenschaften bietet hier gleich mehrere Vorteile: Es ist seit jeher ein etabliertes Konzept zur Umsetzung von Verbundvorhaben, in dem Ziele gemeinsam und gemeinschaftlich verfolgt werden. Zudem wird durch das Identitätsprinzip sichergestellt, dass die Interessen der Mitglieder in den Mittelpunkt gestellt werden – ein Prinzip, das die Genossenschaften von anderen Formen der kooperativen Zusammenarbeit abgrenzt. All diese Vorzüge bilden eine gute Grundlage für die Bildung eines Vertrauensraums, in dem beteiligte Partner selbstbestimmt und gleichberechtigt zusammenkommen; getreu der Aussage von Friedrich Wilhelm Raiffeisen: „Was den Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“

1 Initial gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg im Rahmen des Fördervorhabens „Micro Testbed“.

Für interessierte Genossenschaften

Sollten Sie Interesse haben, an einer experimentellen Datengenossenschaft mitzuwirken, können Sie sich an Patrick Weber (patrick.weber@steinbeis-fsti.de) oder Maximilian Werling (maximilian.werling@steinbeis-fsti.de) wenden.

Das Pilotprojekt Datengenossenschaften wird gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Das Projektkonsortium setzt sich zusammen aus dem Ferdinand-Steinbeis-Institut (FSTI), dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) sowie den Lehrstühlen Wirtschaftsinformatik 1 und Controlling der Universität Stuttgart.

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